Urlaubsreise mit dem Kind, gemeinsames Sorgerecht

Jeder definiert „Urlaub“ anders – die einen wollen Entspannung, die anderen Nervenkitzel oder Abenteuer. Wer mit Kindern in den Urlaub fährt, achtet zumeist darauf, dass der Urlaubsort bzw. die Unterkunft kindgerecht gestaltet ist, also z. B. über einen Kinderspielplatz verfügt oder eine Kinderbetreuung anbietet. Doch nicht immer ist der gewählte Urlaubsort sicher. Lebt ein Elternteil getrennt von seinem Kind und seinem Expartner, stellt sich die Frage, ob er eine Urlaubsreise der beiden in ein gefährdetes Land verhindern kann.

Mutter bucht Badeurlaub in der Türkei

Die Mutter eines achtjährigen Jungen buchte im Januar 2016 einen Badeurlaub in die Türkei während der Sommerferien. Der Flieger sollte in Antalya landen – Mutter und Kind sollten von dort aus zum Hotel und nach dem Urlaub wieder zurück zum Flughafen gebracht werden. Erst im Mai 2016 erfuhr der Kindsvater von der geplanten Reise – und verweigerte seine Zustimmung. Die Mutter erwiderte, dass sie sich nach der Scheidung zwar die elterliche Sorge teilten – sie jedoch alleine entscheiden dürfe, wohin sie mit ihrem Kind in den Urlaub fahre. Außerdem freue sich ihr Sohn auf seinen ersten richtigen Badeurlaub.

Der Kindsvater erklärte, dass aufgrund der derzeitigen politischen Lage – vor allem wegen des Putschversuchs – eine Terrorgefahr bestehe und es erste Anschläge bereits gegeben habe. Eine Reise in die Türkei sei momentan daher zu gefährlich. Die Mutter wandte ein, nicht in eine gefährdete Region zu fahren; außerdem habe das Auswärtige Amt nicht vor einer Türkeireise gewarnt. Der Streit der beiden Elternteile endete vor Gericht.

Urlaubsreise zu gefährlich – Vater darf Zustimmung verweigern

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main kam zu dem Ergebnis, dass die Urlaubsreise in die Türkei derzeit zu gefährlich ist und daher der Zustimmung des Vaters bedarf.

Grundsätzlich dürfen beide Elternteile eines Kindes frei entscheiden, ob und wohin sie mit ihrem Nachwuchs in den Urlaub fahren. Die Bestimmung des Reiseziels gehört nämlich zum Umgangsrecht, vgl. § 1684 I Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Teilen sich die getrennt lebenden Eltern eines Kindes die elterliche Sorge, kann der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, über Angelegenheiten des täglichen Lebens gemäß § 1687 I 2 BGB allein entscheiden. Hierzu gehören in der Regel auch Urlaubsfahrten. Das gilt aber nicht, wenn die Reise alles andere als ungefährlich ist und somit über das allgemeine Lebensrisiko, z. B das Ausrutschen in der Nähe eines Swimmingpools, hinausgeht.

Als gefährlich werden unter anderem Reisen in Krisengebiete oder in Länder verstanden, die vor Kurzem das Ziel von Terroranschlägen waren. Aufgrund des Putschversuchs und diverser Terroranschläge in der Türkei handelte es sich um eine solche gefährliche Reise – weshalb der Kindsvater bei der Urlaubsplanung ein Wörtchen mitzureden hatte.

Ob das Auswärtige Amt vor einer Reise in die Türkei warnte oder nicht, war vorliegend übrigens ebenso irrelevant, wie das Argument der Mutter, den Urlaub in einer ruhigen Gegend zu verbringen. Maßgeblich ist vielmehr das Wohl des Kindes, das aufgrund etwaiger Unruhen und Anschläge konkret gefährdet werden könnte. Zwar befand sich die Unterkunft in einer relativ sicheren Gegend. Allerdings sollte das Flugzeug in Antalya landen, wo in der Vergangenheit bereits häufiger Anschläge verübt wurden. Auch hätte etwas auf dem Transfer zum/vom Hotel passieren können.

Fazit: In der Regel dürfen getrennt lebende Elternteile frei entscheiden, wo sie mit ihrem Nachwuchs die Ferien verbringen wollen. Anderes gilt jedoch, wenn die Eltern das Sorgerecht gemeinsam ausüben und die geplante Reise mit besonderen Risiken verbunden und daher gefährlich ist. In diesem Fall muss auch der andere mitsorgeberechtigte Elternteil seine Zustimmung zur Reise erteilen.

(OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 21.07.2016, Az.: 5 UF 206/16)

(VOI)